Die Geschäftsführerhaftung nach Insolvenzreife
In welchen Fällen greift die persönliche Haftung eines Geschäftsführers nach Insolvenzreife? Welche Schutzmöglichkeiten gibt es gegen die Geschäftsführerhaftung und gegen die Klage Insolvenzverwalter gegen Geschäftsführer?
Als Geschäftsführer trägt man nicht nur Verantwortung für einen reibungslosen Betriebsablauf oder die Vertretung der Gesellschaft nach außen (§ 37 I GmbHG), sondern auch für die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Dabei müssen die Geschäftsführer stets im Rahmen der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes handeln. Gerade in Zeiten wirtschaftlicher Krisen kann den Geschäftsführer schnell die Pflicht treffen, aufgrund von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft (§ 43 Abs. 2 GmbHG i.V.m. § 15a Abs. 1 InsO), einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Tätigt der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife noch Zahlungen (an Arbeitnehmer, Dienstleistende usw.) haftet er gegenüber der Gesellschaft persönlich (§ 64 S. 1 GmbHG aF), denn dies entspricht nicht der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes.
Regelmäßig kommt es dann zur Klage Insolvenzverwalter gegen Geschäftsführer. Der Insolvenzverwalter wird im Falle der Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Gesellschaft zum Organ dieser Gesellschaft und wird die Geschäftsführerhaftung gegen den bis dahin tätigen Geschäftsführer geltend machen. Der Insolvenzverwalter wird Klage gegen den Geschäftsführer einreichen.
Die Geschäftsführerhaftung nach Insolvenzreife gegenüber dem Insolvenzschuldner (der Gesellschaft) ergab sich bisher aus §§ 43, 64 GmbHG bzw. § 130a HGB. Seit dem Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz vom 22.12.2020 welches zum 1.1.2021 in Kraft trat, ergibt sich die Haftung aus §§ 15a, 15b InsO.
Gegenüber Dritten mit denen der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife Geschäfte abschließt, kann sich eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 264a StGB ergeben.
Haftung inner- und außerhalb der Gesellschaft
Einordnung der Geschäftsführerhaftung nach Insolvenzreife in das allgemeine Haftungssystem einer Kapitalgesellschaft
Die Geschäftsführerhaftung nach Insolvenzreife – Welche Zahlungen sind überhaupt noch möglich?
Kann der Geschäftsführer trotz des Haftungsrisikos nach Insolvenzreife überhaupt noch handeln?
Rechtslage bis 01.01.2021
Die Haftung kann entfallen, wenn mit einer geleisteten Zahlung (Masseschmälerung) eine gleichwertige Gegenleistung in das Gesellschaftsvermögen gelangt (kompensierender Massezufluss). Im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen die Gläubiger sich aus der Gegenleistung befriedigen können (Aktiventausch). Der Begriff „Zahlung“ umfasst grundsätzlich jede masseschmälernde Leistung. So auch der II. Zivilsenat in seiner Entscheidung BGH, Urteil vom 04. Juli 2017 – II ZR 319/15 Rn. 10:
„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs […] entfällt die Ersatzpflicht des Geschäftsführers für Zahlungen nach Insolvenzreife gemäß § 64 Satz 1 GmbHG, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. […] Durch den Ausgleich entfällt vielmehr der aufgrund der Zahlung bestehende Anspruch gegen den Geschäftsführer. Grund hierfür ist, dass der Geschäftsführer nach Eintritt der Insolvenzreife nicht nur Insolvenzantrag zu stellen hat (§ 15a InsO), sondern im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger die noch verbliebene Masse zu erhalten hat. Wenn er dennoch die Masse durch Zahlungen oder andere Leistungen schmälert, wird er nach § 64 Satz 1 GmbHG ersatzpflichtig. Soweit und sobald eine solche Masseschmälerung mit oder ohne Zutun des Geschäftsführers ausgeglichen wird, ist der Zweck von § 64 Satz 1 GmbHG, im Interesse der Gläubiger die Masse zu erhalten, erreicht. Eine nochmalige Erstattung durch den Geschäftsführer würde die Masse über ihre bloße Erhaltung hinaus anreichern und über den mit dem sogenannten Zahlungsverbot des § 64 Satz 1 GmbHG verbundenen Zweck hinausgehen.“
Rechtslage seit 01.01.2021
Grundsätzlich darf der Geschäftsführer einer GmbH bzw. jedes andere Organ einer Kapitalgesellschaft nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft keine Zahlungen mehr tätigen, soweit diese nicht mit der Sorgfalt eines ordentlich und gewissenhaften Geschäftsleiters erfolgen (§ 15b Abs. 1 InsO). Dies ist identsich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes.
§ 15b Abs. 2 InsO ist eine neue Vermutungsregelungen, wann Zahlungen mit entsprechender Sorgfalt geleistet wurden und deshalb keine Haftung begründen:
- Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, soweit die antragspflichtigen Maßnahmen oder solche zur Beseitigung der Insolvenzreife ordentlich und gewissenhaft betrieben werden
- Zahlungen, die innerhalb der Frist zur Antragsstellung nach § 15a Abs. 1 S. 1, 2 InsO erfolgen
- Zahlungen, die im Zeitraum zwischen der Stellung des Antrags und der Eröffnung des Verfahrens geleistet werden, soweit diese mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters erfolgen.
Soweit diese Ausnahmen jedoch nicht greifen, macht sich der Geschäftsführer, als antragspflichtige Person, schadenersatzpflichtig gegenüber den Insolvenzgläubigern (§ 15b Abs. 4 S. 1 InsO). Dabei ist die Ersatzpflicht auf den Schaden beschränkt der durch die Zahlungen entstand. Der Insolvenzverwalter wird den Anspruch gegen den Geschäftsführer im Klagewege geltend machen.
Für die Geschäftsleiter heißt es also „Aufatmen“. Entgegen der bisher strengeren BGH-Rechtsprechung, nach der einer Masseschmälerung, eine unmittelbar wirtschaftliche Gegenleistung gegenüber stehen musste. Ist der Geschäftsführer nun, bei jeder Art der Zahlungen die mit der ordentlich und gewissenhaften Sorgfalt erfolgen, auch nach Insolvenzreife keinem gleichgelagerten Haftungsrisiko mehr ausgesetzt.
Sollten Sie, als Geschäftsführer, ein Schreiben eines Insolvenzverwalters erhalten haben, in welchem dieser Ersatzansprüche gegen Sie geltend macht, sind Sie längst nicht handlungsunfähig. Auch wer einer Geschäftsführerhaftung nach Insolvenzreife ausgesetzt ist kann sich verteidigen.
Zunächst sollte das Schreiben genau geprüft werden, um festzustellen, ob die Zahlungen überhaupt eine Haftung auslösen können.
Wenden Sie sich dabei gern an Rechtsanwalt Heckmann und sein Team! Hier ist ein gesellschaftsrechtlich ausgerichteter Rechtsanwalt ausschließlich mit der Abwehr einer Klage Insolvenzverwalter gegen Geschäftsführer deutschlandweit befasst. Insolvenzverwalter nutzen bei deren Geltendmachung der Geschäftsführerhaftung ähnliche Schemata – die Rechtsanwalt Heckmann, der auch Insolvenzverwalter ist, kennt.
Gute Verteidigungschancen liegen beispielsweise vor, soweit die Zahlung eine Vorauszahlung durch Dritte darstellt. Aber auch generell ist zu beachten, Gerichte treffen Einzelfallentscheidungen. Jeder Fall liegt anders, sehr selten sind die einer Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalte identisch.
Eventuell ist eine ursprünglich entstandene Haftung durch die Insolvenzanfechtung des Insolvenzverwalters wieder entfallen. Dann wurde die Masseschmälerung bereits wieder rückgeführt. Anderenfalls kann sich der Geschäftsführer auch mit einer Zug um Zug Abtretung des Anfechtungsanspruchs gegen Zahlung verteidigen. (§ 398 BGB).
Eine mögliche Einrede gegen einen geltend gemachten Anspruch ist zudem die Verjährungseinrede. Die beginnt kenntnisunabhängig mit Entstehung des Anspruchs des Insolvenzverwalters und hat eine Laufzeit von 5 Jahren (§ 15b Abs. 7 InsO).
Als letzte, aber bei weitem nicht abschließende, Verteidigungsmöglichkeit, sei noch die Entlastung durch Rat einer fachkundigen (z.B. Rechtsanwalt) Person bezüglich der Stellung eines Insolvenzantrags bzw. der Prüfung der Insolvenzreife der Gesellschaft genannt. Der Geschäftsführer ist bei einem insolvenzrechtlichen Risiko gut beraten einen Insolvenzrechtsanwalt heranzuziehen, um sein Haftungsrisiko zu minimieren.
Als verantwortungsvoller Geschäftsführer wenden Sie sich schon bei möglicher Insolvenzreife an einen qualifizierten Berater!
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