Insolvenzanfechtung
Wann kommt es zu einer Insolvenzanfechtung? Wieso ist dies eine wichtige Handlungsmöglichkeit des Insolvenzverwalters?
In einem Rückforderungsschreiben des Insolvenzverwalters fordert dieser an Sie geleistete Zahlungen zurück. Trotzdem die Leistung ihnen rechtlich zustand, kann dies Rückforderung wirksam sein (§ 129 InsO). Neben Geldleistungen können auch Gesellschaftsanteile oder Immobilien zurückgefordert werden. Die Frist kann bis zu 10 Jahre betragen.
Da der Insolvenzverwalter nachweisen muss, dass sie von der Zahlungsunfähigkeit Kenntnis hatten, bestehen bei der Verteidigun gegen die Insolvenzanfechtung gute Erfolgschancen.
Die Insolvenzanfechtung soll einen Kompromiss zwischen den Interessen des Schuldners, des Gläubigers und relevanten Dritten schaffen: Bei einem Insolvenzverfahren geht es immer darum, alle vorhandenen Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Es soll nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermieden werden, dass der zuerst vollstreckende Gläubiger besser gestellt ist (sog. Wettlauf der Gläubiger).
Durch die Anfechtung versucht der Insolvenzverwalter das Schuldnervermögen wieder herzustellen. Dazu macht er sogenannte Vermögensverschiebungen rückgängig, die in der Zeit der Krise des Schuldners vor der Verfahrenseröffnung vorgenommen wurden, sofern diese zum Nachteil aller Gläubiger sind. Die Anfechtung ist ein zentrales Instrument des Insolvenzverwalters und in der Praxis von großer Bedeutung.
Zur gerechten Behandlung aller Gläubiger gilt auch mit Eröffnung des Verfahrens ein Vollstreckungsschutz: Zwangsvollstreckungsaufträge und Pfändungen werden eingestellt und Gläubiger dürfen nicht mehr weiter vollstrecken.
Übertragungen von Immobilien, Firmenanteilen oder Geldsummen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden und die Gesamtheit der Gläubiger des Schuldners benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter anfechten (§ 129 InsO) und damit korrigieren. Dieses Verfahren nennt sich Insolvenzanfechtung. Ist die Anfechtung erfolgreich, muss die Übertragung rückgängig gemacht werden. Ziel ist es, dass kein Gläubiger bevorzugt wird und im Insolvenzverfahren möglichst viel Vermögen (Insolvenzmasse) gerecht verteilt werden kann (§ 1 InsO).
Häufig geht es bei der Insolvenzanfechtung um Immobilienverkäufe und Unternehmensanteile. Auch das Verschenken oder das Verkaufen unter Wert spielt bei der Insolvenzanfechtung eine große Rolle. Insolvenzanfechtungen sind bei Regelinsolvenzen und bei Verbraucherinsolvenzen (seit der Insolvenzrechtsreform 2014) möglich.
Umfasst sind die Vermögensverschiebungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Schuldner, die die eigene Insolvenz schon absehen können, versuchen oft Vermögen kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Gläubiger zu zahlen oder zum Beispiel an Angehörige zu übertragen. Dies führt dazu, dass die Insolvenzmasse verkleinert wird und die Befriedigung der Gläubiger riskiert wird.
Auch Gläubiger versuchen meist vor dem Insolvenzverfahren noch zu vollstrecken, wenn sich die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schon abzeichnet. Oder sie verlangen die Bestellung von Sicherheiten wie zum Beispiel eine Grundschuld.
Der Insolvenzverwalter – und nur dieser – darf Zahlungen, die ihm verdächtig erscheinen, anfechten.
Die Anfechtung ist ein Anspruch des Insolvenzverwalters gegen die Gläubiger oder Dritte auf Rückgewähr. Anfechtbar sind die Rechtshandlungen, die die Gläubiger benachteiligen und die nach oder vor Antragstellung, aber auf jeden Fall vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden.
Bei der Berechnung des Zeitraums ist der Tag maßgeblich, an dem der zulässige und begründete Insolvenzantrag entweder von einem Gläubiger oder vom Schuldner eingereicht wurde. Da sich das Eröffnungsverfahren auch hinziehen kann, ist es nicht vertretbar, dass der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens maßgeblich ist.
Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bei der Insolvenzanfechtung
Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit spielt in den §§ 130ff. InsO eine entscheidende Rolle und bietet das größte Verteidigungspotential gegen die Insolvenzanfechtung. Der Grund dafür liegt in der Beweislast, diese trifft den Insolvenzverwalter.
Die Besonderheit bei nahestehenden Personen
Die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit wird bei nahestehenden Personen gem. § 130 Abs. 3 InsO vermutet:
„(3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte.“
Wer laut InsO zu den nahestehenden Personen zählt, gibt § 138 InsO vor. Umfasst sind unter anderem der Ehegatte oder Lebenspartner des Schuldners, Verwandte oder Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben. Bei Gesellschaften unterfallen den nahestehenden Personen ebenfalls Mitglieder des Aufsichts- oder Vertretungsorgans, Geschäftsführer und Gesellschafter.
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Inhalt der Insolvenzmasse
Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung und den Gewinn während des Insolvenzverfahrens. Die Vermögensmasse wird im Vermögensverzeichnis aufgelistet und mit den Forderungen der Schuldner verglichen. Nach Abzug der Verfahrenskosten und Masseverbindlichkeiten errechnet der Insolvenzverwalter die Quote, nach der die Gläubiger befriedigt werden.
Bei Selbstständigen oder bei Personen, die planen, eine selbstständige Tätigkeit aufzunehmen, muss der Insolvenzverwalter erklären, ob das Vermögen der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können (§ 35 InsO).
Lesen Sie hier mehr zum Insolvenzverfahren bei Selbstständigen und Freiberuflern.
Was sind Masseverbindlichkeiten?
Masseverbindlichkeiten entstehen meist nach Eintritt der Insolvenz. Der Gläubiger einer Massenverbindlichkeit ist der Massegläubiger.
Masseverbindlichkeiten sind zum Beispiel:
- die Kosten des Insolvenzverfahrens
- die Verbindlichkeiten, die während der Insolvenz entstehen und durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet werden
- die Verbindlichkeiten, die aus Verträgen entstehen, die der Insolvenzverwalter ausgewählt hat oder die erfolgen müssen
- die Verbindlichkeiten aus Miet- und Pachtverträgen
Die Masseverbindlichkeiten sind nach § 53 InsO der Insolvenzmasse abzuziehen, bevor diese quotenmäßig an alle Gläubiger verteilt wird.
Der Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter ist eine neutrale, geschäftskundige Person. Er kann auch durch die Gläubiger abgelehnt werden. Sie können dann auf der ersten Gläubigerversammlung einen neuen Insolvenzverwalter bestimmen, der vom Gericht bestätigt werden muss (§ 57 InsO). Der Insolvenzverwalter kann auch aus seinem Amt entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 59 InsO).
Seine Tätigkeit endet, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird.
In der Wohlverhaltensphase nennt man den Insolvenzverwalter Treuhänder.
Mögliche Verteidigung gegen die Insolvenzanfechtung
Es gibt zwei Wege gegen eine Insolvenzanfechtung: die Verteidigung gegen die Anfechtung (Beweislast der Kenntnis trifft den Insolvenzverwalter) und der Vergleich mit dem Insolvenzverwalter.
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