Update zum Insolvenzverfahren in 3 Jahren: Anhörung im Bundestag
Vorgestern, am 30. September, kam es zu einer Anhörung im Bundestag bzgl. des – auf dieser Website schon viel zitierten (hier mehr) – Gesetzesentwurfs zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre. Prof. Dr. Martin Ahrens, Prof. Dr. Hugo Grote, Prof. Dr. Hans Haarmeyer, Prof. Dr. Hans-Ulrich Heyer, Marion Kemper, Dr. Christoph Niering, Prof. Dr. Gerhard Pape und Dr. Christina Weidner waren als Sachverständige vor den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages geladen.
Zunächst hatten die Sachverständigen vier Minuten Zeit für eine Stellungnahme zum Entwurf – insbesondere im Vergleich zum vorher veröffentlichen Referentenentwurf des Gesetzes.
Wo war man sich einig?
Von allen Experten wurde die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf 3 Jahre begrüßt. Es gab diesbezüglich keinen Widerspruch – das Verfahren soll auch von Seiten der Sachverständigen auf drei Jahre verkürzt werden, wie es im übrigen die EU-Richtlinie vom 20.06.2019 vorsieht.
Was kritisierten die Experten?
Unverständnis rief im Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor allem die Idee einer Befristung der Neuregelung hervor. Hiernach ist in dem Entwurf eine Rückkehr zur alten Gesetzeslage (und damit zu einem bis zu sechsjährigen Restschuldbefreiungsverfahren) im Jahre 2025 für Verbraucher vorgesehen. Der Referentenentwurf enthielt eine solche Regelung nicht. Diese Regelung lädt zum Missbrauch ein, denn nur ein schlecht beratener Verbaucher-Schuldner würde dieses Verfahren überhaupt wählen, sofern Gestaltungsspielraum besteht.
Prof. Dr. Hugo Grote führte aus, dass es immer Gegenwind gegen eine Verkürzung des Verfahrens geben würde, obwohl die Verkürzung klar zu befürworten sei. „In einer Volksabstimmung würde sich die Mehrheit der Bürger wahscheinlich gegen die Restschuldbefreiung an sich aussprechen.“ Es wurde das dem Regierungsentwurf zugrunde liegende negative Schuldnerbild kritisiert. Vor allem die schuldnerberatende Kollegin Marion Kemper merkte in diesem Zusammenhang an, dass Zahlungsschwierigkeiten beim Schuldner auf Schicksalsschläge zurückzuführen seien und nicht etwa mit fehlender Zahlungswilligkeit zusammenhängen würden. Allein die Unterstellung, eine Verkürzung würde Menschen animieren Schulden zu machen, wurde als Lebensfremd abgetan. Der ehemaliger Richter am BGH, Prof. Dr. Gerhard Pape dazu: „Ich kenne den Schuldner nicht, den der Regierungsentwurf nachzeichnet.“ Herr Pape war als Richter über Jahre im neunten Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, dem Senat für Insolvenzrecht, tätig und mit den Problemstellungen von Schuldnern und Gläubigern im Insolvenzverfahren als oberster Richter betraut.
Als Systembruch wurde die Einführung eines Versagungsgrundes, der ohne Antrag eines Gläubigers greifen soll, bezeichnet. Die Eingehung unangemessener Verbindlichkeiten in der Wohlverhaltensphase durch den Schuldner soll nach dem Regierungsentwurf so sanktioniert werden – ohne dass die Parteien (Schuldner und Gläubiger) dies beantragen (vorherige Regelung § 290 I Nr. 4 InsO). Prof. Dr. Hans Haarneyer dazu: „Gerichte müssen rausgehalten werden!“ Insolvenzrecht sei Wirtschaftsrecht. „Einzig sinnvoll am Entwurf ist die Reduzierung auf drei Jahre.“ Herr Haarmeyer führte aus, dass eigentlich die Kreditvergabetichtlinien reglementiert werden solten, dort lägen die Probleme, nicht bei den Schuldnern.
Lottogewinne sowie andere Gewinne aus Spiel, die der Schuldner in der Wohlverhaltensphase erzielt, sollen nach dem Regierungsentwurf, anders als Vermögen das der Schuldner von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht oder durch Schenkung erwirbt, zu 100% einbehalten werden. Angenommene Erbschaften gehen bisher zu 50% an den Treuhänder, Schenkungen ohne Erbschaftsvorwegnahme sind bisher in der Wohlverhaltensphase frei.
Auch dieser Vorschlag wurde seitens der Sachverständigen nicht begrüßt – so wurde durchweg empfohlen, Freigrenzen vorzusehen.
Undurchsichtig: Datenschutz
Für viel Diskussionsbedarf sorgte das Thema Datenschutz. Im Zusammenhang mit der Beantragung und Eröffnung einer Insolvenz werden die Daten der Schuldner in den Insolvenzbekanntmachungen gespeichert und zugänglich gemacht. Der Regierungsentwurf selbst verzichtete auf eine gesetzlich festgelegte maximale Speicherfrist. Damit würde sich eine Reglementierung wie zuvor nur durch das DSGVO ergeben. Der Referentenwurf verfügte noch über eine Klausel, welche die Speicherfrist auf 12 Monate begrenzte. Prof. Dr. Hans-Ulrich Heyer erklärte dem Ausschuss des Bundestages, dass der Staat die Insolvenzbekanntmachungen nach 6 Monaten löschen müsse, private Auskunfteien jedoch die in dieser Zeit ausgelesenen Daten über Jahre abspeichern und verkaufen würden. Es habe eine App gegeben, in der Insolvenz-Schuldner Straßenzügen zugeordnet werden konnten. Er plädierte für eine Halbjahresfrist zur Speicherung, maximal einer Jahresfrist. Der Gesetzgeber möge auch bedenken, dass es einen Unterschied macht, ob ein Datenhändler die Daten speichere, oder ob ein Unternehmen diese Daten für sich nutze. Herr Heckmann hatte den Eindruck, dass er eine sehr kurze Speicherung zumindest für Auskunfteien dringend erforderlich hält, wenn diese die Daten an Dritte weitergeben (ansonsten nicht!). Auch der Sachverständige aus der „Zunft der Insolvenzverwalter“ Dr. Christoph Niering hielt eine maximale Speicherfrist von 6 Monaten für vollkommen ausreichend.
Die 2 Gesetzesentwürfe
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